Surfmagazin Sylt

10 Jahre Surf- und Skatemagazin – Das volle Leben – STOKED!

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10 Jahre Surf- und Skatemagazin – Ohne finanziellen, technischen, fachlichen und sonstigen Background ein Fachmagazin herausgeben? Klar! Funktioniert. Mal besser, mal schlechter. Hier zum 10jährigen, ein kleiner Bericht dessen, was wir im letzten Jahrzehnt so erlebt haben.

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Somewhere in Zarautz Basque-Country

Im November 2011 saßen Christian Singer und ich in unserer Werbeagentur. Er war „mein” Azubi im Bereich Mediengestaltung. Dass sich an diesem trüben Herbstag mein Leben für immer ändern sollte, konnte keiner ahnen. Chris klickte im Internet herum und rief mich, als er auf Youtube dieses eine verdammte Video entdeckte: “Go Longboarding” von Original Skateboards. „Das sollten wir auch machen”. Es sah so einfach und lebensfroh aus. Dies Video ist übrigens in etwa 20 Millionen (!) mal abgerufen worden und begründete den Longboardboom weltweit.

Keiner von uns wusste sonderlich viel über Longboards oder Skaten. Zwar sind wir zu der Zeit mit Elektrolongboards durch die Gegend gerollt, doch Longboarding war eine ganz andere Nummer. Während die luftbereiften Elektroboards gutmütig stehenblieben, wenn man sich nur auf sie stellte, begann das Longboard einfach wegzurollen. Das flößte mir – der nie auch nur ansatzweise Interesse an Rollbrettern gezeigt hat, eine Menge Respekt ein.

Wir bestellten uns bei einem Berliner Großhändler ein Pintail und ein gedropptes (tiefergelegtes) Board. Dazu Lager, Achsen und Rollen. Der Zusammenbau ging flink und wir suchten uns direkt die erste große Erhebung. Eine Autobahnbrücke, die strack achtzig Meter steil hinunter ging und dann in einer Zickzack-Kurve, über einen Fahrradweg kreuzte. Ohne Helm, im Dunkeln – egal wir wussten ohnehin nicht wie gebremst wird. Wir überstanden es mit zitternden Knien und irgendetwas in unseren Synapsen hat „klick” gemacht. Mehr! Mehr davon. Naheliegend schauten wir uns die Seite des Großhändler an. Es gab die Möglichkeit, ungebrandete Boards und Rollen zu bestellen. In unserer Naivität nahmen wir an, dass kein großer Markt existiert, denn wir als Trendscouts hatten noch nie etwas davon gehört.

Also machten wir uns daran eine „eigene Marke” zu kreiieren.

Epic Boards sollte sie heißen. Normalerweise kommt jetzt in Zusammenfassungen ja DIE Erfolgstory schlechthin. Werdet ihr nicht finden…

Dass wir uns auf einem büchigen Holzsteg Richtung Haifischbecken bewegten, wurde uns erst bewußt, als wir ein deutschsprachiges Forum entdeckten. Longboardz.de war zu diesem Zeitpunkt die unangefochtene Nummer 1. in Sachen Information, Klatsch und Tratsch. Der Content war nicht wie auf Facebook durchsetzt von den üblichen Dummbatzen, die ihr Halbwissen in die digitale Welt spülen mussten. Longboardz.de war eine Institution. Und uns wurde schnell klar, dass es eine Riesenszene gab und unsere Versuche mit eigenen Boards zu landen, zum Scheitern verurteilt war. Zu stark war die Konkurrenz und das Know How der Manufakturen, die eigene Boards wirklich bauten und nicht auf chinesische Standardbauteile setzten.

Aber wo waren die Magazine?

In den Bahnhofskiosken in Frankfurt oder Darmstadt gab es keine Fachliteratur. Nur die üblichen Skaterpostillen mit Bildern von Teens, die sich todesmutig zehn Treppenstufen runterstürzten und von den, zu dieser Zeit, mir unbekannten Brands gefeiert wurden. Keine Reviews, Tests oder etwas in die Richtung. Nicht eine Silbe wurde über Longboarding geschrieben. In Deutschland gab es eine kleine überschaubare Szene von Leuten, die diesen Rollberettern jedoch schon sehr lange verfallen waren. Diskussionen über Firmen wie Pogo, Hackbrett, Olson und Hekmati oder 313 Longboards tauchten ab und an im Forum auf.

Es gab sogar einen Youtuber, der sich die Mühe gemacht hatte und von Longboardbauer zu Longboardbauer gereist ist. Allerdings war das Feedback der Community nicht sehr positiv. Ein Phänemon, dass mich bis heute vor ein Rätsel stellt. Es war, als wenn die heilige Kuh geschlachtet wird. Da war jemand, der mit viel Engagement und Energie zu den Firmen fuhr und durchaus symphatische Intervies führte. Er bekam dafür aus Szene größtenteils Hass und Undankbarkeit entgegen geschleudert.

Unter dem Strich gab nur das kanadische Magazin „Concrete Wave” von Michael Brooke, dass sich mit Longboards beschäftigte. In den USA war zu dieser Zeit ein Riesenhype ausgebrochen, der aber Deutschland noch nicht erreicht hatte. Wir studierten die wenigen Exemplare, derer wir habhaft werden konnten und waren uns sicher, so etwas auch auf die Beine stellen zu können.

Nach einigen Tage hatten wir unsere Entscheidung gefällt. Es muss eine Longboardzeitung her. Der groben Erinnerung nach haben, wir das Inhaltsverzeichnis innerhalb einer Woche geschrieben und Franky vom „Funky Summer Shop” sendete uns das Coverbild. Als Betreiber des Longboardz Forums und einem der ältesten Shops war und ist er eine Art Ikone. Es gab Interviews und Fernsehbeiträge im öffentlichen TV über ihn.

Der Anfang

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Im Januar 2012 begannen wir auf der „Bright” in Berlin und der „ISPO” in München mit einem Stand unser Projekt zu bewerben. Mit Pogo Longboards belegten wir eines der Zimmer im ehemaligen Stasigebäude, das als Messestandort diente. Wir lernten die dicken Fische der Branche kennen und es gab eine Menge Bier, Burger und Skaten. Unvergesslich die Treffen bei Frank im „Funkysummer” und bei Tom im „Lassrollen-Shop”.

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Die Jungs von Olson Hekmati sind mir besonders in der Erinnerung hängen geblieben. Sie waren sehr symphatisch und irgendwie auch immer sehr betrunken. Es kam vor, dass sie morgens auf die Messe kamen und ihre Boards irgendwo haben liegen lassen.

Auch Titus, eine der ersten Firmen in Deutschland, die Skateboards verkauften, war einer der Aussteller. Der Juniorchef teilte mir mit, dass seine Firma auf keinen Fall in ein Magazin in dem Surfer abgebildet werden, involviert sein möchte. Longboarding sei gar nicht cool und als Core-Skateboard-brand wäre dies ein „NoGo”. Zwei Jahre später waren sie eine zeitlang die Shopkette mit der größten Auswahl an Longboards.

Danach ging es zur ISPO. Hier hatten wir einen kleinen Stand gebucht. Longboards gab es dort kaum. Ich erinnere mich an Dr. Hack, der dort Hackbrett und Landyachtz ausstellte und natürlich an den legendären Goldständer, der zu dieser Zeit noch Carver in der Distribution hatte.

Fein pedikürte Juwelierhändchen stellten dort einen Giganten der Skateboardszene vor. Musste ja in die Hose gehen. Es sollte die letzte Messe für den Vertriebler aus Fürth werden, denn Carver trennte sich von ihm und der Vertrieb ging zu Richie Löffler nach Hamburg und nahm Dampf auf. Aber bevor das Surfskaten in den Mainstream rückte, sollte fast ein Jahrzehnt vergehen.

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Wie im Rausch erlebten wir nachfolgenden Monate. Als im April 2012 die erste Ausgabe zum Greenskate in Köln herauskam, warteten wir gespannt auf Feedback. Unser Team war in der Zwischenzeit auf sechs – sieben Leute angewachsen. Keiner davon Skater oder Longboarder. Mit dem Magazin im Kofferraum fuhren wir nach Köln. Stolz legten wir diese im Concrete Wave ab, wo eine unglaublich Menge an Leuten vor der Tür stand, um den „Greenskate Day” zu begehen.

Heiko Schöller stand mit einem Megaphon vor dem Laden, gab das Startsignal und fuhr dann los. Die Horde von Longboardern folgte ihm und es war einer der vielen Gänsehautmomente. Ein Jahr später trafen sich über zweitausend Skater an den Rheinwiesen und saßen dort auf dem Rasen.

Alle starrten wiederum auf Heiko. Und als er aufstand, standen tausende von Leuten mit ihm auf. Ein unglaubliches Gefühl. Wir waren mittendrin – gefühlt.

Das wir ganz weit weg von mitten drin waren, hätte uns im Jahr zuvor auffallen müssen. Denn als das Feedback zur ersten Ausgabe kam und die Realität uns den bitteren Spiegel vorhielt, machte sich ein Gefühl der Ohnmacht breit. Ob im Longboardforum oder auch bei Facebook: Eine Mischung aus Spott, Häme und Mitleid überspülte uns. Das Cover war ok. Die Beiträge, oh je, im Nachhinein war es schon peinlich.

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Die Erstausgabe

Neben unzähligen Fehlern in der Rechtschreibung, waren es vor allem fachliche Patzer, die den Unmut der Leser nach sich zogen. Alles hinwerfen und sich zurückziehen? Das war keine Option für uns. Also machten wir uns an die nächste Ausgabe. Die Hersteller halfen wo es ging und sprachen uns Mut zu. Es folgten weitere vier Ausgaben in 2012/2013. Es wurde nur bedingt besser. Nach der anfänglichen Kritik nahm man uns nicht mehr ernst.

Jeder noch so kleine Fehler wurde ausgeweidet. Und es davon gab reichlich. Die Moral war am Boden. Ein Teil der Redaktion hing die journalistischen Ambitionen an den Haken. Bei einigen zog ich die Notbremse.

Dann kam die ISPO 2013 und mit ihr veränderte sich alles. Die ISPO gab uns überraschenderweise den Auftrag, die Longboardwelt in München zu vereinen. Über 40 Hersteller aus aller Herren Länder stellten ihr Material aus. Wir montierten 6000 Rollen an die Wand und formten damit ein kleines Kunstwerk. Durch die Aufregung wurde jeder in der Truppe krank. Ein, zwei Tage hing jeder in den Seilen. Hohes Fieber und Schüttelfrost erwischte so gut wie jeden und doch war auf dieser Messe etwas passiert.

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Plötzlich wurden wir als Magazin im Ausland wahrgenommen. Es kamen Geschichten aus den USA hinzu, Michael Brooke vom „Concrete Wave Magazin” kam zu Besuch und wurde zu unserem Fels in der Brandung. Seine positive Aura pushte uns und gab einem das Gefühl, Teil von etwas Großen zu sein. Das nächste Highlight des Jahres 2013 ließ nicht lange auf sich warten.

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Das Longboard-Testival 2013 in Offenbach.

Ein Höhepunkt wurde es in vielerlei Hinsicht. Der Guiness-World-Record im Longdistance in der Gruppe war einer davon. Leider warten wir bis heute noch auf den Eintrag. Obwohl alle regionalen Medien darüber berichteten, wurde er nie in das heilige Buch eingetragen.

Das Setup des Testivals war grandios. Ein stillgelegtes Stück Autobahn wurde einfach okkupiert und mittels Flutlicht erleuchtet. Neben einer Campingfläche standen ausreichend Parkmöglichkeiten zur Verfügung. Bis vor kurzem (2020) hingen unsere Banner an einigen Stellen immer noch in Stadt.

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Die Anzahl der Aussteller war riesig. Durch die erfolgreiche ISPO waren die Erwartungen hoch. Das Rahmenprogramm umfasste ein paar kleinere Rennen und natürlich den Guiness Buch Rekordversuch über die am meist gefahrenen Kilometer in der Gruppe (24 Stunden).

Dann begann leider der große Regen. So stark, dass sich buchstäblich Flüsse ihren Weg durch die Zelte der Longboardfirmen bahnten. Diese standen aneinandergereiht die Strecke hinunter auf der leichten Neigung Ein flüssiges Inferno für uns. Übernächtigt, pleite und frustiert brachen wir die Veranstaltung am Folgetag ab.

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Sepp Brückmann push Downhill und überrascht Deutschlands Downhill Elite…

Aber Aufgeben war nie unsere Devise. Abgesehen von den Ausgaben, die fachlich und grafisch immer besser wurden, schien sich die Akzeptanz uns gegenüber zu verändern. Die Idee die Longboard-Emabssy aus der ISPO in die Welt hinauszutragen, kam auf. Eine Tour durch Europa, mit zwei Campern und einigen netten Leuten sollte ein neues Kapitel für uns einläuten. Wir tingelten durch die Surfshops Europas. Von Flensburg bis Barcelona führte uns der Weg insgesamt 7.000 Kilometer an der Küste entlang.

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Powered by Chiemsee und Red Bull – 10 Jahre Surf- und Skatemagazin

Im Gepäck waren ein paar Paletten Red Bull, Jucker Hawaii, Yuneec, Pogo und noch ein paar andere kleinere Marken. Selbstredend, dass wir an einigen Plätzen einen Verweis erhielten, die Polizei uns aus Ortschaften heraus eskortierte oder eine Nacht im Gefängnis die Tour ein wenig spannender machte. Das die Hälfte der Crew sich im Baskenland entschied umzukehren störte da nicht weiter. Es war am Ende ein fetter Ausflug mit Freunden.

Wenn auch teuer, denn die Camper mussten wohl restauriert werden. Die Promotouren begannen unsere Sommer auszufüllen, wir erhielten die Distribution für Pumptracks und die Surfskateboardrampen von Whitezu. Die Anfragen häuften sich und schon bald bemerkten wird, welchen Impact dies Rampen auf Events hatten. Bereits im Januar/Februar eines jeden Jahres war die Saison verplant.

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Tom Sass und Sepp Brückmann – 10 Jahre Surf- und Skatemagazin

Die Sommertouren führten uns nach Karlsruhe, Mannheim, Erfurt, Dortmund, Westerland, Hamburg, Braunschweig, Usedom, Kühlungsborn, Husum, St. Peter Ording, München, Fehmarn, Hannover, Frankfurt, Wiesbaden, Großerlach und in weitere unzählige kleine Orte.

Aber woher kam plötzlich der Pumptrack?

Im Herbst 2013 sendete uns Michael Brooke (wer sonst) ein Video aus Brasilien. Dort war solch ein Pumptrack installiert worden. Keiner wußte wer die Teile dafür herstellte. Nach einiger Recherche fanden wir heraus, dass ein gewisser Erik Burgon an der Grenze zu Slowenien eine Fabrik hatte. Also fuhren wir nach ein paar Telefonaten nach Tschechien, um dort ein Interview zu führen und das verrückte Teil zu testen.

Wenige Wochen soäter standen zehn Paletten Holz in Neu-Isenburg. Wir sprachen mit der Stadt und diese war anfangs gar nicht so begeistert von der Idee, diesen im Stadtpark zu installieren. Kostenlos ging es natürlich, auch wenn die Bedenkenträger sich wegen der üblichen Vorbehalte, wie Versicherung und Gefahr nicht sicher waren. Doch sie hatten die Rechnung ohne die begeisterten Kids gemacht.

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Fette Beute in Wiesbaden – 10 Jahre Surf- und Skatemagazin

Als wir beschlossen, die Anlage für die anstehende Promotour abzubauen, sammelten die Jugendlichen Unterschriften für den Erhalt der Bahn. Da die Wahl vor der Tür stand, erhielt ich einen Anruf vom Bürgermeister, der unbedingt einen Pumptrack haben wollte.

Dies war dann der erste installierte Pumptrack in Deutschland. Der Wahnsinn nahm seinen Lauf und viele Gemeinden fragten an. Jedes Jahr nahm die Anzahl der Pumptracks zu. Noch in 2021 bauten wir Anlagen in Dresden, Kiel und in Wolfsburg. Dies lief alles parallel zum Magazin und dem explodierenden Longboardmarktes.

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Der Niedergang – 10 Jahre Surf- und Skatemagazin

Der Longboardsport boomte. Über 80 Skateshops, die sich auf lange Boards spezialisiert hatten, gab es 2014, – Zahl ansteigend. Als das Jahr 2015 anbrach, waren wir, wie die ganze Szene auf dem Höhepunkt. Das Wort „Longboard” war zum Synonym, für den erfolgreichsten Sport des Jahrzehnts geworden.

The Lost History of Longboarding

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Wir veröffentlichten mit „The Lost History of Longboarding“ eine Chronik des Sports mit den Anfängen in den 60er Jahren, über den Thrasher Hype bis in die „Neuzeit“ und dem Beginn des „modernen“ Longboardings mit Brands wie Loaded oder Rayne. Natürlich fand auch Jerry Madrid einen Weg in das Buch.

Die wenigsten wissen, dass ihm sowohl das Concave und auch die Aufbiegung der Nose zu verdanken ist. Ersteres war übrigens ein Fehler in der Presse, den er monatelang versuchte zu reproduzieren. Das war 1975. Madrid Longboards gründete er dann im Jahr 1976. Seine Ideen hat er sich nie patentieren lassen.

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Jerry Madrid – Ikone und Erfinder – 10 Jahre Surf- und Skatemagazin

„Es hätte immer so weiter gehen können… 10 Jahre Surf- und Skatemagazin

Erste Wolken zeigten sich Ende 2015 am rosa Himmel. Aus Südostasien tauchten immer mehr Kopien und billigere Boards auf. Jeder wollte seinen Anteil an einem scheinbar unendlichen Markt haben. Jogi März von Pogo ahnte es schon zwei Jahre vorher. Alles ist endlich.

Auch der Longboardmarkt. Immerhin war die Entwicklung in 2015 noch verhältnismäßig normal. Die Anzahl der verkauften Boards in 2015 dürfte den großen Hypes in 1965, 1974 oder Anfang der 80er Jahre in nichts nachgestanden haben. Der Zugang zum Longboarding ist einfach und wie gemacht für den Massenmarkt.

Das Ende des Hypes läutete ausgerechnet die digitale Plattform ein, mit der alles begann. Eine Gruppe von Kölner „Youtubern”, die kaum Erfahrung mit dem Sport hatten, nahmen sich vor, einmal quer durch Deutschland zu fahren. Dies alleine wäre keine Erwähnung wert, doch die Videos zu dieser Tour wurden zum Teil mehr als eine Million (!) mal abgerufen.

Wir hatten die zweifelhafte Ehre, die Jungs auf einem Tourstop zu interviewen und Zeuge davon, wie aus einer Handvoll Fans eine kritische Masse wurde. Im Vorfeld des Interviews bin ich übrigens DNER, einem der Stars, über das Bein gefahren. Mit dem Auto! Auf einem der Videos ist erkennbar, wie sich der Reifen über Bein und Board bewegt. Einen oder zwei Zentimeter nach Links oder rechts und ich wäre wohl meines Lebens nicht mehr froh geworden.

Glück gehabt. Als wir einen Tag später unsere Laden aufschlossen, klopften schon die ersten Kids an der Scheibe. Es war grotesk. Als wenn wir die Beatles getroffen hätten. Inspiriert von ihren Idolen rannten in jenem Herbst 2015 Kids den Skateshops die Türen ein.

Da die Yotube-Crew mit „Rayne” LDP und Downhillboards unterwegs war, wollten ihre Fans auch genau diese Bretter haben. Was dazu führte, dass kleine Mädchen mit fetten, schweren und eher unlenkbaren Boards durch die Gegend cruisten. In jenem Herbst haben sich einige über Schnäppchen in Onlineauktionen gefreut….

Unglaublich aber wahr: Im Verlauf des letzten Quartals gab es keine Longboards mehr zu kaufen. Hersteller wie Loaded Boards oder Rayne Longboards waren restlos ausverkauft. Was einige ahnten und wenige wussten: Die USA waren wieder einmal Vorreiter. Dort ging das Geschäft mit den Rollbrettern bereits zwei Saisons vorher langsam zu Ende. Ein Überangebot sorgte für einen massiven Preisverfall. Was in Europa nun passierte, war der Butterfly-Effekt. Der völlige Ausverkauf war der Sargnagel für viele Shops, Hersteller und Distributionen. Als im Frühjahr 2016 die Shops von Boards überschwemmt wurden und Amazon voll war mit Sonderangeboten, endete das Wachstum der Branche.

Aber alles auf die Chinesen und die bösen Kopierer zu schieben, wäre ein Fehler. Der Fisch stinkt vom Kopf her…
Rechnet man sich die Umsätze zusammen und den Erlös der in der Branche generiert wurde, dann ist es unglaublich, dass es kaum Nachwuchsarbeit oder Investitionen in den Sport selbst gab. Im Endeffekt spielen deutsche Longboarder keine Rolle mehr im World-Cup. Statt in den Nachwuchs zu investieren und diesen zu schulen, wurde das Geld anderwertig ausgegeben. Einen Verband oder ähnliches gab es nie.

Der nette Versuch in Süddeutschland mit dem Longboardverband e.V. zu starten, musste scheitern. Denn selbst wenn dieser von der Vielzahl der Longboarder akzeptiert gewesen wäre (was er nicht war) – rein verbandsrechlich war er nur ein Verein – ohne irgendwelche Entscheidungsbefugnisse. Veranstaltungen oder Schulungen? Fehlanzeige. Warnsignale aus den USA wurden ignoriert. Es ging ja noch ein wenig. Dabei deutet sich an, dass die gleichen Fehler wie in den Jahrzehnten davor gemacht wurden….

Wir selbst machten weiter wie gehabt, veröffentlichten unsere Magazine sowie das ein oder andere Buch. Wir benannten das Magazin in Stokedmagazin um. Der Name 40inch war von Anfang nicht so gut gewählt und hat vor allem bei unseren amerikanischen Freunden für Schmunzel gesorgt, war das 40inch doch auch eine US-Pornoseite. Doch es war wie es war…

Die jährliche ISPO war so etwas, wie ein Defibrillator, der versuchte das schlagende Herz der Longboardszene am Leben zu erhalten. Sebastian Mühlbauer versuchte rund um Bastl Boards, die Fehler der Szene zu korrigieren. Er scheiterte jedoch daran, dass er einen Messetermin genau vor die ISPO setzte und so viele Aussteller nicht oder nur sehr unmotiviert vor Ort waren. War das Magazin in den Jahren 2016 und 2017 zum Hobbyprojekt geworden, wurde es von Ausgabe zu Ausgabe schwerer Content zu finden. Die Hersteller und Shops, die noch nicht die Tore geschlossen hatten, zogen sich immer mehr zurück. Anzeigen wurden kaum noch geschaltet. Man kämpfte um das Überleben.

Den für uns negativen Endpunkt setzte dann Michael Brooks, der sein Magazin sang- und klanglos für einen Dollar verkaufte. Die Kritik an seiner Person und dem „Concrete Wave Magazin” selbst, hatten ihm nie viel ausgemacht. Das jedoch kaum jemand auf Mails antwortete und wenn doch, die Kritik beleidigende Töne annahm, schien für ihn zuviel des Schlechten. Ausschlaggebend war meiner Meinung nach der finanzielle Aspekt.

Niemand wollte im CW Anzeigen schalten. Das sah bei uns natürlich nicht anders aus. Es floß kein Geld in der Szene. Die Branche war endgültig tot. Wir machten weiter, bis es nicht mehr ging. Dann kam Corona und auch wir hatten den Ende unseres Weges erreicht.

10 Jahre Surf- und Skatemagazin

Ministry of Stoke Crew bei der letzten Embassy 2020

Unsere letzte Ausgabe datiert aus Anfang 2020. Sie wurde ausverkauft und alleine in der digitalen Version hatten wir 106.000 Abrufe. Das ist für ein Skatemagazin recht ansehnlich. Vergleiche mit US Magazinen hinken. Es gab dort Mags, die eine Auflage von 800.000 (!) erreicht haben. Aber das war in einer anderen Zeit – in einem anderen Universum.

10 Jahre Surf- und Skatemagazin

Nun haben wir November 2021 und es geht immer weiter. Die ISPO wurde wegen Corona abgesagt und die Messe München hat die Gelder für Sonderveranstaltungen gekürzt. Unseren Platz an der Sonne nehmen nun irgendwelche Scooterfirmen ein, die sich für viel Geld einkaufen werden. Zehn Jahre war es in jedem Januar der Platz an dem sich die Szene traf. Das ist nun vorbei. Zeit sich neu zu erfinden. Wir werden wohl im beschaulichen Husum ein ähnliches Projekt starten dürfen.

Mit dem Surfskate ist ein weiterer Trendsport in den Boardsportbereich hineingewachsen. Als wir 2013 für Carver Skateboards die erste Promotour gemacht haben, waren die Surfskateboards eigentlich nur deshalb bekannt, weil das Team von Pogo diese schon ein paar Jahre vorher einmal beworben hatte. Sonst gab es nichts. Für Skateboarder war es nicht Core genug und dem „Otto Normal“ viel zu wackelig.

Und die Surfshops hatten andere Sorgen. 2017 wurde dann durch das Aufstellen der Whitezu in München eine Lawine losgetreten, die sich bis heute ihren Weg durch die Boardsportszene bahnt. Kaum ein Shop kann sich den wendigen Boards entziehen. Aber auch hier gibt es schon jetzt fünfmal mehr Kopien als es Originalhersteller gibt. Doch im Gegensatz zum Longboard ist die Performance noch viel spürbarer, was die Spreu vom Weizen stärker trennt.

An den großen Marktanteil des Longboards wird es das „Bastard Child of Skateboaridng“ nicht schaffen. Der Gigant Longboard wird wiederkommen…

Aus 40inch wurde Stoked und aus Stoked das SURFMAGAZIN SYLT

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10 Jahre Surf- und Skatemagazin

Edit: In den letzten zwei Jahren hat sich einiges verändert. Es muß 2015 gewesen sein, als ein Teenager namens Nick Bosch die Eingangstür unseres Skateshops in Neu-Isenburg zerstört hat. Ahorn ist stärker als Glas… Im Laufe der Jahrehat sich dann ein Freundschaft entwickelt und Nick hat eine professionelle Ausbildung zum Kameramann absolviert.

Anfang 2022 entschied er sich dann voll bei uns einzusteigen. War es anfänglich noch die Arbeit im Shop, der mittlerweile nach Sylt umgesiedelt war, nahm die Medienarbeit immer mehr zu. Mit der Liveberichterstattung über das Wind- und Kitesurfting starteten wir ein neues und sehr erfolgreiches Projekt.

So wurde dann aus dem STOKEDMAGAZIN, das Surfmagazin Sylt. Nach über zwei Jahren gehen wir mit schweren Herzen von der Insel, da das Gebäude in dem unser Surfshop ist, abgerissen wird. Hotels und Ferienwohnungen sind immer noch das Wunschziel aller Investoren auf der Insel. Neukirchen wird unsere neue Heimat. Einen Steinwurf weit über den Hindenburgdamm, so dass wir dem ganz normalen Wahnsinn auf der Insel verbunden bleiben.

Dass wir den Surf- und Skateshop auf Sylt schließen müssen, ist vielleicht ein Wink des Schicksals, denn nun können wir uns wieder verstärkt dem Content unserer Magazine, Bücher und dem Youtube Kanal widmen. Dazu kommen einige Filmprojekte.

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Und ganz sicher werden wir die großen Wassersportevents mit der Kamera und Reportagen begleiten, wie in den vergangenen 10 Jahre Surf- und Skatemagazin

So verlassen wir Sylt mit einem weinenden und einem lachenden Auge.

Gibt es sowas wie ein Fazit für 10 Jahre Surf- und Skatemagazin?

Die letzten zehn Jahre dürften die aufregendsten Jahre meines Lebens gewesen sein. All die Leute, die ich getroffen habe. Die tiefen Einblicke in eine Branche, die so konservativ wie Punkrock und die CDU zugleich ist. Alte Schlachtrösser, Visionäre und großartige Sportler wie Heiko Schöller, Jerry Madrid, Bob Linninger, Abraham Paskowitz, Sebastian Hertler, Jogi März, Erik Burgon, Daniel Gesmer oder Frank Sommer. Legenden wie Roger Hickey oder Titus Dittmann, die in diesem Sport soviel erreicht und die Vorarbeit für den Boom geleistet haben.

Besonders natürlich Michael Brooke, der mit seinem Feuer, eine ganze Szene in Brand gesetzt hat. Im positiven Sinn natürlich. Und mit dem Start des Surfmagazins kamen Legenden wie Björn Dunkerbeck, Bernd Flessner, Sarah-Quita, Brian Talma und viele andere hinzu.

Ich bin dankbar diese Leute kennengelernt zu haben. Die Reisen nach Tschechien, Frankreich, Spanien, Portugal und Deutschland. So viele Geschichten zu erzählen….

Dann ist oder war diese kleine Gemeinschaft von Enthusiasten wie Natascha Dänner, Chris Singer, Juli Düsentrieb, Nick Bosch, Sepp Brückmann, Patrick Hellberg, Gregor Kastner, Heiner Kleist, Esther Stancel und all die anderen, die mich ein kleines Stück des Weges begleitet haben. In der Spitze waren es rund fünfzig Menschen, die um das Magazin aktiv waren. Dafür möchte ich mich bedanken.

Die Maxime bleibt – unangepasst sein. Mit meiner Art zu schreiben, habe ich ab und an getretene Hunde zum Bellen gebracht. Ihr werdet es nicht glauben, da wird auch schon mal mit dem Geldbündel gewunken, um ein Produkt in einem besseren Licht erscheinen zu lassen. Doch das hat bis heute nicht gezogen – und seid versichert – wird es auch in Zukunft nicht.

Eine gute Freundin sagte mir… „Wenn du das jetzt schreibst, darfst du dich nicht wundern, einige dich feiern – andere dich hassen” Aber genau darum geht es. Ich freue mich auf die nächsten zehn Jahre!

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Euer Alexander Lenz

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